Last updated on 9. April 2021

Seit dem Corona-Lockdown hat die traditionelle Art, selbst Brot zu backen, wieder einen Aufschwung erlebt. Für Frau Monika Rosenfellner, Chefin der Rosenfellner Mühle, war dies aber schon immer an der Tagesordnung. Wir haben die Brotexpertin mit eigener Mühle im exklusiven Interview nach Tipps und Hintergründen gefragt und wie man den „siebten Brotbackhimmel“ erreicht.
VT: Seit 1932 wird die Rosenfellner-Mühle von Ihrer Familie geführt. Mit Ihnen, Monika Rosenfellner, nun in 3. Generation. Warum führen Sie dieses Handwerk weiter? Und wie interessiert sind Ihre Kinder?
Es bereitet mir Freude, etwas Sinnvolles und Nachhaltiges für die Menschen und die Natur zu tun. Ich habe schon als Kind in der Mühle mitgeholfen und von klein auf gerne Getreideprodukte gegessen. Meine Tochter hilft ebenfalls seit ihrer Kindheit immer wieder mit. Inwiefern sie sich für die Weiterführung entscheidet, überlasse ich ihr. Ich will, dass sie glücklich ist.
VT: War der Fortbestand der Mühle stets sicher, oder gab es auch große Krisen in der Vergangenheit? Wenn ja, wie wurden diese überstanden? Wie sieht die Lage in der aktuellen Situation aus?
Ja, selbst in der Mühlenbranche gibt es Krisen. Ich kann mich daran erinnern, als die Vermahlung von Getreide ein freier Markt wurde. Da hatte mein Vater schon viele Jahre zuvor gute Arbeit geleistet, und so konnte die Krise gut überstanden werden.
Es ist grundsätzlich wichtig, vorauszudenken und zu planen. Das hat uns auch in der aktuellen Situation dieses Jahr geholfen. Unsere bestehenden Mitarbeiter waren sehr fleißig und haben zusammengeholfen, die starke Nachfrage zu decken.
VT: Sie schreiben auf Ihrer Website „Tradition und Innovation reichen sich die Hand“ – wie sieht das in der Praxis aus?
Ich liebe Getreide und es gibt so viele Möglichkeiten, daraus Produkte zu entwickeln. Die Tradition halte ich nicht nur bei der Verarbeitung hoch, sondern auch beim Getreideeinkauf. Schon meinem Großvater und Vater war es wichtig, das Getreide regional einzukaufen. Das führe auch ich so fort. Die Innovationen liegen in der Produktentwicklung, und so verarbeiten wir nicht nur acht unterschiedliche Getreidesorten zu Getreideprodukten, sondern stellen auch bekömmliche Backmischungen, schmackhafte Knabbereien, Produkte für die einfache Küche und noch vieles mehr her.
VT: Von wo bekommen Sie das in der Mühle verarbeitete Getreide? Was ist Ihnen dabei wichtig und warum?
Wie oben erwähnt, erhalten wir unser Getreide regional. Hauptanbaugebiete sind Niederösterreich und Oberösterreich. Mir ist es wichtig, eine gute Partnerschaft zu unseren Lieferanten zu haben, und sie schätzen auch unsere Verlässlichkeit. Mir ist es wichtig, die Wertschöpfung in Österreich zu haben.
VT: Warum Bio? Wie unterscheidet sich der Anbau von Bio-Getreide von herkömmlicher Landwirtschaft?
Bio ist gut für die Natur, gut für den Menschen und die Tiere. Der bekannteste Punkt ist, dass im Biobereich synthetische Spritzmittel nicht erlaubt sind. Doch auch die Bodenbearbeitung und das besondere Augenmerk auf gutes Getreide ist etwas, das mich bei unseren Bio-Landwirten erfreut.
VT: Was genau passiert dann mit dem gelieferten Getreide bei Ihnen?
Bei der Getreideanlieferung wird es zuerst in unserem Labor auf die Qualität und Lagerfähigkeit überprüft. Passt alles, wird es grob gereinigt und eingelagert. Damit das Getreide vermahlen werden kann, folgen noch viele Reinigungsschritte und bei der Vermahlung selbst wird die Feinheit und Helligkeit überprüft.
VT: Ihre Mühle besitzt noch ein eigenes Wasserkraftwerk. Wie viel Prozent Ihres Energiebedarfs können Sie damit decken und woher kommt der Rest?
Je nach Wassermenge unseres Zaucha-Bachs können wir seit der Errichtung unserer neuen Wasserkraftschnecke bis zu 55.000 kWh pro Jahr herstellen. Das ist bei bester Wasserauslastung rund ein Drittel des Strombedarfs. Der gesamte restliche Strombedarf kommt seit Jahrzehnten aus erneuerbarer Energie aus Österreich, vor allem Wasserkraft (75%), Solar- und Windenergie.
VT: 2016 wurden Sie mit dem Energieeffizienzpreis Helios ausgezeichnet. Mit welchen Errichtungen und Aktivitäten konnten Sie die Jury überzeugen?
Viele kleine bis große Beiträge haben uns den Energieeffizienzpreis eingebracht. Das war einerseits die Umstellung unserer Ölheizung auf Pelletheizung, die Errichtung unserer neuen Wasserkraftanlage für den Eigenverbrauch von Strom und Nutzung der Warmwasserproduktion, der Einsatz von Elektrostaplern, die Verpackungen aus überwiegend Papier und die kurzen Wege der Rohstoffe.
Um so wenig Müll als möglich zu produzieren, helfen auch die MitarbeiterInnen fleißig mit. Ich selbst reise zum Beispiel auch schon seit Jahren nach Möglichkeit mit der Bahn, um meine Geschäftstermine wahrzunehmen.
VT: Im „Mühlenladen“ kann man bei Ihnen direkt ab Hof einkaufen. Was bieten Sie dort genau an?
Wir stellen rund 200 bis 300 Getreide- und Getreidemahlerzeugnisse her. Diese wiederum verarbeiten wir zu unterschiedlichen Produkten wie Brot- und Kuchenmischungen, Laibchenmischungen, Backzutaten, Müslis, Breie, Teigwaren und Knabbereien, Gerichte für die Küche zum Kochen und einiges mehr.
VT: Sie bieten auch Führungen durch die Mühle an. Auf was darf man sich dabei freuen und welches Angebot bieten sie jüngerem Publikum?
Bei den Mühlenführungen kann der Duft von frisch vermahlenem Getreide genossen werden. Eine einmalige Gelegenheit! Sie erfahren viel Informatives über die vielen regionalen Getreidesorten, die wir verarbeiten, es sind acht an der Zahl! Weiters sehen Sie unsere eigene Stromproduktion durch unsere Wasserkraftschnecke, und in der Backschule können nach Lust und Laune Brot und weitere Leckereien gebacken werden. Für Kinder gibt es eigene Kinderführungen und für Schulklassen eine Kombiführung aus Mühlen- und Wasserkraftbesichtigung und Weckerl backen. Die Kinder lieben es!
VT: Vielen Menschen wurde in der derzeitigen Coronakrise die Wichtigkeit lokaler Produkte bewusst. Konnten Sie das spüren?
Ja, die Menschen konnten erkennen, wie wichtig heimische Produkte sind. Insbesondere die Getreidespeicher der Mühlen sichern die Versorgung mit Mehl und die Herstellung von Backwaren durch den regionalen Bäcker und die Hobbybäcker zu Hause.
VT: Normalerweise bieten Sie auch Backkurse an. Coronabedingt muss man derzeit leider diesbezüglich noch Geduld haben. Ende April 2021, so schreiben Sie auf Ihrer Website, soll es aber wieder so weit sein. Im Lockdown haben viele Menschen begonnen, wieder selbst Brot zu backen. Haben Sie ein paar gute Tipps für unsere Leser, wie Brot schön luftig wird und lange saftig bleibt?
Da gibt es so einige Tipps, die weitergegeben werden können. Ein wichtiges Kriterium beim Brotbacken ist die Auswahl des richtigen Mehls für das gewünschte Brot. Für fluffig luftiges Brot empfehle ich helle Mehle, am besten Weizenmehl T 480 oder 700 oder auch Dinkelmehl hell. Damit ein Brot lange saftig bleibt, ist ebenfalls die Mehlauswahl entscheidend. Roggenmehl ist dafür gut geeignet sowie selbst gemachter frischer Sauerteig und der Einsatz von Backmalzen. Der Teig darf nicht zu fest geknetet werden, sondern soll eher mit mehr Wasser ein weicher Teig sein. Rezepte mit Vollkornmehl und guter Versäuerung, einem Anstellgut oder Brühstück (so heißen die Fachbegriffe für Vorteige) bringen ebenso mehr Wasser und somit Frische in den Teig und schlussendlich ins Brot.
VT: In Ihrem vor Kurzem erschienen Buch „Brot von daheim“ kann man Genaueres nachlesen. Es wird als Weg in den „siebten Brotbackhimmel“ beschrieben. Was erwartet Interessierte in dem Buch und ist es auch für Brot-Anfänger geeignet?
Ja, es ist auch für Brot-Anfänger geeignet. Mir war es wichtig, dass vom Anfänger bis zum Mutigen, für jeden etwas dabei ist. Bei den Sauerteigen darf man sich gleich auf sieben Zubereitungsmöglichkeiten freuen. Auch das Ankeimen von Getreide und wie die Mehlsorten entstehen, erkläre ich im Buch. Die 50 schmackhaften Rezepte sind alle von mir entwickelt und mehrfach getestet. Sie warten auf den Hobbybäcker, um nachgebacken zu werden.
Wir danken Ihnen ganz herzlich für das Interview.
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